Nürtinger Zeitung

Gefahr für flächendeckende Apothekenversorgung

Gefahr für flächendeckende Apothekenversorgung

30.01.2017, VON PETER SCHUSTER —

Beim Neujahrsempfang der CDU in Wolfschlugen war das Apothekenurteil des Europäischen Gerichtshofs Thema

WOLFSCHLUGEN. Der Europäische Gerichtshof hat in einer Entscheidung vom Oktober 2016 die in Deutschland geltende Preisbindung für rezeptpflichtige Medikamente für ausländische Anbieter aufgehoben. Die inhabergeführten mittelständisch geprägten Apotheken sehen aufgrund dieser Entscheidung die Versorgung der Patienten in der Fläche gefährdet.

Um auf die Problematik hinzuweisen, lud der CDU-Gemeindeverband Wolfschlugen Carsten Wagner, Apotheker aus Filderstadt, ein. Er sprach beim Neujahrsempfang des CDU-Gemeindeverbands gestern über das Thema „Das EuGH-Apothekenurteil – was bedeutet das für die Patienten?“.

Knapp 40 Interessierte kamen zum Neujahrsempfang in die Aula der Grundschule, darunter der Bundestagsabgeordnete Michael Hennrich und der Landtagsabgeordnete Andreas Deuschle. Nach der Begrüßung durch den Vorsitzenden Dieter Fichtner folgte ein Grußwort von Bürgermeister Matthias Ruckh, anschließend das Hauptreferat von Carsten Wagner.

Dass laut dem Urteil des Europäischen Gerichtshofs ausländische Versandapotheken Boni auf rezeptpflichtige Arzneimittel vergeben dürfen, sah der Apotheker Carsten Wagner kritisch. Er ist Inhaber von zwei Apotheken mit 50 Mitarbeitern in Filderstadt. Durch das Urteil des Europäischen Gerichtshofs sieht Wagner die flächendeckende Gesundheitsversorgung mit Medikamenten gefährdet.

Wagner informierte die Anwesenden darüber, dass die Apotheken viele Gemeinwohlpflichten wahrnehmen. So haben Apotheker eine Residenzpflicht. Das bedeutet: Sie müssen vor Ort wohnen. Auch die Notdienste haben sie zu organisieren, sodass von Kranken 24 Stunden am Tag Medikamente abgeholt werden können, und haben außerdem eine Versorgungspflicht: „Niemand, der ein Medikament benötigt, darf abgewiesen werden.“ Zudem hafte der Apotheker unbegrenzt. Eine Apotheke könne auch nicht als GmbH geführt werden.

Jeder Apotheker ist darüber hinaus verpflichtet, für Katastrophen und für Epidemien einen Vorrat an Medikamenten vorzuhalten. Das gelte nicht für ausländische Versandapotheken, die sich ausschließlich auf besonders gewinnträchtige Nischen konzentrieren.

Wagner begrüßte, dass die CDU, die Partei der Linken und der Bundesrat eine Gesetzesinitiative auf den Weg bringen wollen, die das Versenden von rezeptpflichtigen Medikamenten verbieten soll. Der Bundestagsabgeordnete Michael Hennrich, Mitglied im Ausschuss für Gesundheit, sagte in einem Statement die Unterstützung für diese Gesetzesinitiative zu.