Der Gesundheitsminister rudert zurück
Der Gesundheitsminister rudert zurück
Die geplante Verordnung eines Verbots von Banden- und Trikotwerbung gesetzlicher Krankenkassen ist erst einmal vom Tisch
Aufatmen auch bei der TG Nürtingen: Denn Bundesgesundheitsminister Jens Spahn hat eine Verordnung, über die die Ministerien im März hätten abstimmen sollen, zunächst einmal in der Schublade verschwinden lassen. Es ging dabei um das Verbot von Banden- und Trikotwerbung der gesetzlichen Krankenkassen bei Sportvereinen.
„Das Thema ist momentan vom Tisch“, machte der CDU-Bundestagsabgeordnete des Wahlkreises Nürtingen Michael Hennrich gestern Nachmittag deutlich. Die offizielle Info war da zwar immer noch nicht raus, doch Hennrich konnte die frohe Botschaft für die Vereine bestätigen. Endgültig ist das Ganze damit allerdings nicht. „Ich schätze aber, in dieser Legislaturperiode wird diesbezüglich alles so bleiben, wie es ist“, so Hennrich. Man wolle in der jetzigen Situation, in der sich viele Unternehmen Corona-bedingt aus dem Sponsoring zurückziehen, kein neues Fass aufmachen, begründete der CDU-Gesundheitsexperte den Schritt.
Bei der TG Nürtingen haben sie diese Nachrichten wohlwollend zur Kenntnis genommen. Zwar hatten sie auch bei der Turngemeinde gestern Nachmittag noch keine offizielle Stellungnahme, Geschäftsführerin Irina Lutz sprach aber von einem „tollen Signal“. Ein Verbot der Trikot- und Bandenwerbung hätte schließlich auch für den größten Nürtinger Sportverein unschöne Konsequenzen in Form geringerer finanzieller Zuwendungen (wir berichteten).
Dass die Verordnung nun jedoch erst einmal in der Schublade verschwunden ist, gibt den Vereinen mehr Sicherheit. Die Sponsorenakquise für die kommende Saison läuft bereits, „da ist es gut, wenn wir hinter den Krankenkassen schon einmal ein Häkchen machen können“, sagt Lutz. Dem Braten trauen will sie aber nicht. „Wir müssen natürlich schauen, wie es weitergeht, wie wir reagieren, wenn es wieder Thema wird.“
Neben der AOK und der BKK Scheufelen, die beide bei der TG Nürtingen werben, ist in hiesigen Gefilden auch die Barmer in exponierter Lage zu finden: als Namenssponsor der Zweiten Basketball-Bundesliga, in der die VfL Kirchheim Knights spielen. Wer als Fan der Ritter in der Halle, oder so wie zurzeit zu Hause vor dem Livestream, sitzt, kommt am Intro mit dem grünen Schriftzug nicht vorbei. „Ein solches Verbot träfe die gesamte Sportbranche und natürlich auch uns als Liga“, blickt Christian Krings, der Geschäftsführer der Zweiten Basketball-Bundesliga in Köln, auf die ursprüngliche Verordnung.
Diese Partnerschaften förderten in großen Teilen auch den Sport mit Kindern und Jugendlichen in den Vereinen. Wie groß die Summen genau sind, die fließen, darüber machen weder die Unternehmen noch ihre Partner detaillierte Angaben. Klar ist: Sie bewegen sich im Leistungsspektrum der Krankenkassen noch immer im unteren Dezimalbereich, aber deutlich über dem, was das Ministerium fordert.
Bei der BKK Scheufelen liegen die Ausgaben für Sponsoring im unteren sechsstelligen Bereich, wie deren Vorstandschef Bernd Kratschmer vorrechnet. Die regionale Betriebskrankenkasse mit rund 86 000 Versicherten gibt es seit 132 Jahren. Seit 17 Jahren betreibt auch die BKK Sportsponsoring, ziert das Logo Mannschaftstrikots und Ausrüstung in den Vereinen. Die Kasse geht schon allein aufgrund ihrer Größe und Regionalität einen anderen Weg. „Bei uns fließt kaum Geld“, sagt Bernd Kratschmer. „80 Prozent unserer Unterstützung sind Sachleistungen.“
Die Prävention bleibt ein Kernthema
Das reicht vom Handballtrikot bis zur Schirmmütze für Schulklassen oder aber den 500 bis 600 T-Shirts, die die Kirchheimer BKK beim Sommercamp der TG Nürtingen zur Verfügung stellt. Im gleichen Maße wie sich die Sportverbände aus der Förderung zurückgezogen hätten, sagt Kratschmer, habe man den Vereinen Unterstützung anbieten wollen. Erfolgreiche Einzelsportler, die das Unternehmen fördert, sind gleichzeitig Partner bei Präventionsprojekten.
Das Thema Prävention bleibt ein Kernthema. „Was immer in einem künftigen Entwurf stehen mag, diese Forderung sollte nicht angetastet werden“, sagt Bernd Kratschmer. Das sieht auch der Gesundheitspolitiker Michael Hennrich so. „Die Kleinen sind nicht das Problem“, betonte er diese Woche nochmals. „Dass Sport in erster Linie der Gesundheitsprävention dienen soll, war immer Ausgangspunkt der Diskussion.“ jsv/bk