Gesundheitsminister Jens Spahn im Online-Dialog mit Bürgern aus Wahlkreis Nürtingen: „Demonstranten sind laute Minderheit“
Gesundheitsminister Jens Spahn im Online-Dialog mit Bürgern aus Wahlkreis Nürtingen: „Demonstranten sind laute Minderheit“
Gesundheitsminister Jens Spahn lud Bürger aus dem Wahlkreis Nürtingen zum Dialog per Videokonferenz ein
Eigentlich hatte Gesundheitsminister Jens Spahn im März einen Besuch im Wahlkreis Nürtingen geplant. Nun holte er das in Form einer Videokonferenz nach und stellte sich eine Stunde lang den Fragen der Bürger.
Fast auf die Minute pünktlich schaltete sich der vielbeschäftigte Minister aus Berlin zu. Erst am Mittag hatte er in einer Pressekonferenz eine Handreichung für Besuchskonzepte in Pflegeeinrichtungen vorgestellt, gleich danach wartete die nächste Verpflichtung. Der Nürtinger Abgeordnete Michael Hennrich ist selbst Gesundheitspolitiker und konnte den Minister für die Veranstaltung gewinnen. Zeitweise nahmen über 90 Menschen, CDU-Mitglieder, Ärzte oder einfach interessierte Bürger, an dem Chat teil.
Der Minister ist zuversichtlich, dass Deutschland noch einmal so gut durch die Krise kommt: „Ja, wir haben es geschafft, die Welle zu brechen.“ Trotzdem seien 487 Tote an einem Tag noch kein Grund zur Entwarnung. Spahn beschrieb den Prozess der Abwägung: „Egal, was wir tun, es entsteht ein Schaden.“ Entweder an der Gesundheit der Menschen oder es gibt wirtschaftliche Folgen. Nicht zu handeln sei keine Option, so habe man mit großer Mehrheit entschieden, die Zahlen so zu senken, dass das System nicht überfordert wird. „Wenn wir es schaffen, diesen Winter noch einmal aufeinander aufzupassen, können wir mit den Erkenntnissen aus der Krise in die 20er-Jahre starten.“
Für Spahn haben sich in der Krise die Aufgaben für das nächste Jahrzehnt gezeigt. Da wäre die Erkenntnis, wie wichtig ein funktionierendes Gesundheitssystem auch für die Wirtschaft ist. Dass Europa nur gemeinsam in der Welt eine Rolle spielen kann und die Abhängigkeit von China verringern sollte. Dass die Produktion in Europa gestärkt und der Handel diversifiziert werden sollte.
Die Fragen der Teilnehmenden drehten sich größtenteils ebenfalls um Corona. Spahn wurde gebeten, die Corona-Sterblichkeit näher zu erläutern. Wenn in Deutschland sonst täglich 2500 Menschen sterben und es seien auf einmal 400 bis 500 mehr, so sei das durchaus ein Unterschied. Wenn unterschiedliche Regeln in Teilen Deutschlands gelten, so habe das auch mit den Infektionszahlen dort zu tun. Bei geringen Fallzahlen sei die Akzeptanz für Einschränkungen ebenso gering und wo sie in die Höhe schnellen, müsse gehandelt werden. Die Erfahrung habe jedoch gezeigt, dass ein frühzeitiges Eingreifen eine Infektionswelle effektiv stoppen könne. Deshalb solle regional früh gehandelt werden, damit früher wieder Normalität eintreten kann.
Eine andere Frage zielte darauf, warum die demokratischen Staaten Asiens so gut durch die Krise gekommen sind. Zum einen liege es an der geografischen Lage auf Inseln oder Halbinseln, bei denen sich Einreisen besser kontrollieren lassen als in Mitteleuropa. Zum anderen gebe es dort ein Verhältnis zum Datenschutz, wie es hier nicht akzeptiert würde, beispielsweise mit Gesichtserkennungssoftware bei Kameras in der Öffentlichkeit, um Quarantänebrecher zu erwischen.
Bis zum Spätsommer wieder Normalität
Spahn machte den Teilnehmern Hoffnung, dass bis zum Spätsommer des nächsten Jahres das Leben wieder einigermaßen in gewohnten Bahnen verläuft. Voraussetzung sei, dass viele das Angebot zur Impfung wahrnehmen.
Gefragt wurde er auch, was er von den Anti-Corona-Demonstrationen hält. „Man kann auch mit Maske und Abstand demonstrieren, egal, was man davon hält. Man hält ja auch an einer roten Ampel an, egal, was man darüber denkt.“ Die Demonstranten seien eine laute Minderheit, die meisten tragen die Grundrichtung der Regierung mit. „Glauben Sie, ich werde morgens wach und frage mich, wo ich Ihre Freiheit einschränken könnte?“, sagte der Minister zu einem Frager, der nach Art der Querdenker argumentierte.
Zum Schluss, als Spahn sich schon zum nächsten Termin verabschiedet hatte, berichtete Marc Lippe, Bezirksgeschäftsführer der Malteser, noch vom Aufbau der Impfzentren auf der Fildermesse und in Esslingen. Sie sollen am 15. Januar den Betrieb aufnehmen. Gesucht wird noch medizinisches Personal.