Nürtinger Zeitung

Reisezentrum im Bahnhof: Nürtinger OB schickt Hilferuf an Abgeordnete

Reisezentrum im Bahnhof: Nürtinger OB schickt Hilferuf an Abgeordnete

30.05.2020 05:30, VON ANNELIESE LIEB —

Mit Übernahme der Bahnstrecke Stuttgart–Tübingen durch Abellio gibt es in Nürtingen ab 14. Juni keine Fernverkehrstickets mehr

Wer mit der Bahn von Nürtingen aus nach Berlin, Hamburg, München oder sonst wohin reisen will, kann im Bahnhof nur noch bis 13. Juni ein Fernverkehrsticket kaufen. Danach ist das Reisezentrum endgültig geschlossen. Alle Bemühungen der Stadt für eine Nachfolgeregelung sind fehlgeschlagen. OB Fridrich hat deshalb einen Hilferuf an die Abgeordneten verschickt.

NÜRTINGEN. Einige Wochen war das Reisezentrum im Nürtinger Bahnhof während der Corona-Pandemie geschlossen. Eine Zeit lang hieß es sogar, dass die Fahrkartenverkaufsstelle der Deutschen Bahn vor der Übernahme der Bahnstrecke durch Abellio gar nicht mehr öffne. Offensichtlich hat man sich bei der Deutschen Bahn dann doch anders besonnen und noch mal geöffnet. Doch am 13. Juni ist endgültig Schluss.

Ab 14. Juni übernimmt, wie schon mehrfach berichtet, die Firma Abellio den Betrieb auf der Bahnstrecke Stuttgart–Tübingen von der Deutschen Bahn (DB). Wer dann in Nürtingen eine Reise mit einem Ziel innerhalb von Baden-Württemberg antritt, der kann seine Fahrkarte weiterhin am Bahnhof Nürtingen lösen. Nahverkehrstickets können ab Montag, 15. Juni, entweder weiterhin am Automat oder beim Presse-Shop Dr. Eckert in der Bahnhofshalle gekauft werden.

Bei Fernverkehrstickets haben insbesondere ältere Nürtinger ein Problem. Denn Fahrkarten zu weiter entfernten Zielen gibt es dann nur noch online. Oder man muss mit dem Zug nach Metzingen oder Wendlingen fahren und dort an den Verkaufsstellen im dortigen Bahnhof ein Ticket kaufen.

„Trotz vieler Gespräche mit allen Beteiligten ist keine Lösung in Sicht“, sagt Oberbürgermeister Dr. Johannes Fridrich. Er bedauert dies sehr. „Das finde ich, gerade für Menschen, die nicht die Möglichkeit haben, Karten online zu kaufen, unzumutbar.“ Alle Reisebüros habe die Stadt angeschrieben. „Bislang hat sich leider kein Interessent gefunden“, beklagt OB Fridrich. „Aber wir bleiben dran. Wir brauchen eine Lösung!“

Unterstützung erhofft sich der Nürtinger Oberbürgermeister von der Politik. Fridrich richtet in einem offenen Brief an die Nürtinger Bundestagsabgeordneten Michael Hennrich (CDU), Nils Schmid (SPD), Matthias Gastel (Grüne) und Renata Alt (FDP) einen Appell, sich für eine Lösung in Nürtingen einzusetzen. „Nürtingen wird in den kommenden Jahren zu einem wichtigen Verkehrsknotenpunkt werden und weiter an Bedeutung im ÖPNV-Netz gewinnen. Eine Metropolexpresslinie wird in nicht allzu ferner Zukunft für eine schnelle Verbindung zum Flughafen und nach Stuttgart sorgen. Ab 2025 könnte Nürtingen an das S-Bahn-Netz angeschlossen werden. Zudem wird das Bahnhofsviertel mit der Quartiersentwicklung Bahnstadt aufgewertet“, so der Nürtinger OB. Die Deutsche Bahn selbst halte, so heißt es in einer Pressemitteilung der Stadt, das Nürtinger Bahnhofsgebäude für wichtig und daher für unverkäuflich. Vor diesem Hintergrund passe es aus seiner Sicht nicht, den Betrieb des immer gut besuchten Reisezentrums in Nürtingen jetzt einzustellen, so OB Fridrich in seinem Brief an die Bundestagsabgeordneten des Wahlkreises Nürtingen.

Jahres- und Monats-Parkkarten gibt es künftig im Nürtinger Rathaus

Die Deutsche Bahn verweist auf die Möglichkeit, einen Video-Schalter zu installieren. Kunden könnten sich per Bildschirm beraten lassen. Diese Alternative würde jedoch Kosten von bis zu 60 000 Euro pro Jahr nach sich ziehen. Kosten, die von der Stadt zu tragen wären.

Nicht nur der Verkauf der Fahrkarten wird neu geregelt, auch der Erwerb der Parkberechtigungen gestaltet sich neu. Bisher konnten diese für den Park-and-ride-Parkplatz in der Plochinger Straße auch beim Reisezentrum der Deutschen Bahn im Bahnhof Nürtingen gekauft werden. Ablaufende Parkberechtigungen können noch beim Reisezentrum erneuert werden.

Für Parkkarten des Park-and-ride-Platzes Plochinger Straße gilt ab Juni folgende Regelung: Monats- und Jahresparkkarten können beim Rathaus Nürtingen, Marktstraße 7, Ordnungsamt, Erdgeschoss, Zimmer 20 gekauft werden. Der Preis bleibe gleich, acht Euro für einen Monat und 77 Euro für ein Jahr, so die Stadt Nürtingen. Für den Kauf ist die Fahrkarte vorzulegen, bei Dauerkarten des VVS zusätzlich die Jahresrechnung oder der Abbuchungsbeleg. Außerdem benötigen die Mitarbeiter des städtischen Ordnungsamtes das Kennzeichen des parkenden Fahrzeugs.

Tagesparkkarten werden nicht mehr angeboten. „Für das tageweise Parken steht der Parkplatz an der Oberboihinger Straße zur Verfügung.“ Dieser Parkplatz habe einen Parkscheinautomaten. Für den noch laufenden Corona-Zeitraum können alle anderen Parkkarten nur mit einem vorherigen Termin im Rathaus gekauft werden. Unter der Telefonnummer (0 70 22) 7 52 08 kann dieser vereinbart werden.

Beachten müssen Bahnkunden nach der Übernahme der Strecke durch die Firma Abellio ab 14. Juni auch, dass die überwiegende Mehrzahl der Züge tagsüber von Nürtingen in Richtung Stuttgart dann nicht mehr zur Minute 04 abfahren, sondern schon fünf Minuten früher um 59. Dies sei notwendig, so Abellio-BW-Geschäftsführer Rolf Schafferath auf Nachfrage, weil der Metropolexpress künftig auch in Oberboihingen halte und zudem drei Minuten früher in Stuttgart ankomme, um dort die Anschlusszüge zu bekommen.