Nürtinger Zeitung

CDU: Zufrieden mit Sondierungsergebnis

CDU: Zufrieden mit Sondierungsergebnis

13.01.2018, VON SYLVIA GIERLICHS —

Markus Grübel (Esslingen) und Michael Hennrich (Nürtingen) ziehen zudem eine positive Jahresbilanz

Dass die CDU zu Jahresbeginn über Erreichtes und noch zu Erreichendes informiert hat Tradition. Am Freitag stahlen die Ergebnisse der Sondierungsgespräche der Bilanz der beiden Bundestagsabgeordneten Markus Grübel (Esslingen) und Michael Hennrich (Nürtingen) ein wenig die Show.

OBERBOIHINGEN. „Besser hätte man ein Pressegespräch nicht terminieren können“, sagt Markus Grübel und strahlt. Denn gerade einmal eine Viertelstunde ist es her, dass die drei Parteispitzen Angela Merkel, Martin Schulz und Horst Seehofer vor die Fernsehkameras getreten waren, um die Ergebnisse der Sondierungsgespräche vorzustellen.

Dass jetzt eine neue Große Koalition in den Bereich des Möglichen rückt, ist weder Grübel noch Hennrich unrecht. „Jede Stimme die man bekommen hat, ist eine Stimme die den Auftrag dazu gibt, Verantwortung zu übernehmen“, macht Grübel seine Position deutlich.

Es sind die Themen Bildung und Forschung, Familie und Kinder sowie Digitalisierung, die Grübel als Schwerpunkte aus der 28-seitigen schriftlichen Zusammenfassung der Sondierungsgespräche zitiert. Kleinere und mittlere Einkommen sieht Grübel durch die schrittweise Abschaffung des Soli entlastet. Und es soll keine Steuererhöhungen geben. Ein wichtiger Punkt für die Union zudem: Der Familiennachzug bleibe im Grunde ausgesetzt, wie Grübel es ausdrückte. „Es kommen jetzt weitere spannende Wochen. Die Sondierungsergebnisse werden nun in den Parteigremien beraten werden“, sagt der Esslinger Bundestagsabgeordnete.

Einsatz für lärmmindernden Belag auf der A 8 bei Köngen

Und auch Michael Hennrich, Abgeordneter aus dem Wahlkreis Nürtingen, ist sicher: „Wir sind noch nicht am Ziel“, sagt er mit Blick auf den noch ausstehenden Mitgliederentscheid der SPD. Das Sondierungsergebnis bezeichnet er als vernünftigen und guten Kompromiss. Hennrich nennt Europa als einen Schwerpunkt des Sondierungspapiers. Und in der Tat, Europa steht darin an erster Stelle und nimmt breiten Raum ein. Für Hennrich ein klares Signal: „Die Initiative des französischen Präsidenten muss aufgegriffen und die deutsch-französische Achse gestärkt werden.“ Macron hatte bereits im September letzten Jahres in einer Rede an der Sourbonne ein souveränes, geeintes und demokratisches Europa gefordert.

Als Politiker für Soziales und Gesundheit ist Hennrich auch froh, dass die Bürgerversicherung nicht kommt. „Ganz besonders war mir aber auch, zu erfahren, was beim Thema Flüchtlinge und Zuwanderung passiert“, sagt Hennrich. 180 000 bis 220 000 Menschen dürfen jährlich nach Deutschland kommen, damit kann sich Hennrich anfreunden. Gut findet er, dass die Anzahl der sicheren Herkunftsländer ausgeweitet werden soll. Ebenso, dass es künftig Registrierungszentren geben soll, in denen die Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, die Bundesagentur für Arbeit, Justiz, Ausländerbehörden und andere Hand in Hand arbeiten.

So ganz wollten sich Grübel und Hennrich jedoch nicht die Show von den Kollegen in Berlin stehlen lassen. Immerhin haben beide auch noch eigene Schwerpunkte sowohl in Berlin als auch im Wahlkreis gesetzt. Markus Grübels Dauerthema beispielsweise ist die Barrierefreiheit am Esslinger Bahnhof. Die defekten Aufzüge dort mündeten inzwischen in monatlichen Gesprächen mit der Deutschen Bahn.

Auch das Thema Lärm beschäftigt Grübel. Hier vor dem Unwillen des Bundesverkehrsministeriums, die A 8 auch zwischen Denkendorf und Köngen mit lärmminderndem Belag auszustatten. „Das Ministerium ist der Meinung, dass es nicht zumutbar ist, die Autobahn zu sperren, wenn man den Belag von Zeit zu Zeit erneuern muss“, sagt Grübel.

Michael Hennrich beschäftigte sich im Wahlkreis häufig mit dem Thema Flüchtlinge. So seien regelmäßig Anfragen von Unternehmen gekommen, die Flüchtlinge eingestellt haben und nun Rechtssicherheit für das Arbeitsverhältnis bräuchten. Auch der humanitäre Aspekt der Flüchtlingskrise sei immer wieder thematisiert worden.

Stolz ist Hennrich auf die bundesweit erste digitale Rezeptsammelstelle. Der Patient soll sein Rezept in die Rezeptsammelstelle eingeben. Das Gerät digitalisiert das Rezept dann und sendet es an den Apotheker, der die Auslieferung so schneller vorbereiten kann. Und, man mag es kaum glauben, die erste dieser digitalen Rezeptsammelstellen steht in Neidlingen. Ziel ist es, ein Gegengewicht zu den Online-Apotheken zu schaffen und abgelegene Orte ohne Apotheke schneller mit Medikamenten zu versorgen. Und auch die ärztliche Versorgung im ländlichen Raum treibt den Gesundheitspolitiker um, vor allem die Nachfolgeregelung für Ärzte, die in den Ruhestand gehen. „Wir haben bei der Ausarbeitung des Pflegestärkungsgesetzes vielleicht noch nicht ganz so den Fokus auf den Pflegenden gehabt. Hier muss sich etwas ändern“, sagte Hennrich.

„Bei der Digitalisierung müssen wir schnell in die Pötte kommen“

Michael Hennrich, MdB

„Bei der Breitbandversorgung und der Digitalisierung müssen wir schnell in die Pötte kommen“, weiß Hennrich zudem. 18 Kommunen in seinem Wahlkreis hätten Zuschüsse für Beratungsleistungen erhalten. Holzmaden, Wolfschlugen und Nürtingen gar über die üblichen 50 000 Euro. Das, so Hennrich könne jedoch nur ein Anfang sein.

Klar, auch bei Hennrich darf das Thema Verkehr nicht fehlen. Der Filderbahnhof am Flughafen, der im Zuge des Ausbaus der ICE-Strecke Stuttgart–Ulm gebaut werden soll, hat in den letzten Tagen für so viel Aufregung gesorgt, dass Hennrich mit weiteren Unions-Politikern aus der Region einen Brief an den Vorstandsvorsitzenden der Deutschen Bahn, Richard Lutz, geschickt hat. „Wir sind nicht ganz zufrieden darüber, wie das Thema angegangen wird. Und hoffen auf eine Reaktion“, sagt Hennrich.

Hennrich und Grübel wollen übrigens jede Initiative unterstützen, die eine Verkleinerung des Bundestags angehen wird. „Der Bundestag wird nicht dadurch besser, dass er hundert Abgeordnete mehr hat“, sagt Markus Grübel.

Wie lässt sich die Arbeit mit der AfD über 100 Tagen nach der Wahl bewerten? „Ich nehme die AfD als vollkommen bunten Haufen wahr und habe mir noch kein abschließendes Urteil gebildet. Es ist jedoch eine Veränderung der Kultur spürbar. Das Kollegiale fehlt“, sagt Hennrich.

Und die Kanzlerin? Sie gilt bei beiden Politikern als die Moderatorin der Sondierungsgespräche. Galt jedoch bisher das Credo: Parteivorsitz und Kanzlerschaft gehören in eine Hand, so sagt Hennrich nun: „Vielleicht kann man da auch mal das eine oder andere Neue wagen.“

Der Kreisvorsitzende der CDU, Thaddäus Kunzmann hatte zuvor von einem anstrengenden Jahr 2017 berichtet, das natürlich von der Bundestagswahl geprägt gewesen sei. Und auch das kommende Jahr steht im Zeichen von Wahlvorbereitungen, denn als nächstes stehen 2019 die Kommunal- und Europawahl an. Die Mitgliederzahl sei mit 1540 Personen stabil, Parteiaustritte in den vergangenen drei bis vier Jahren habe man durch Neueintritte kompensieren können.