Appell an die Verantwortung

„Wählerauftrag heißt, Verantwortung für unser Land in Europa und in der Welt wahrzunehmen. Dazu brauchen wir eben Mehrheiten und auch eine handlungsfähige Regierung.“, mit diesem Statement hat Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble in Anknüpfung an die mahnenden Worte von Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier deutlich gemacht, worauf es in den kommenden Wochen ankommt: Wir Politiker müssen unser Mandat ernstnehmen.

Die Bundestagswahl hat ein Ergebnis hervorgebracht, das große Hürden vor eine Regierungsbildung stellt. Jamaika wäre für die Beteiligten eine Chance gewesen, um für stabile Verhältnisse zu sorgen und für die SPD, damit sie sich als stärkste Oppositionskraft neu aufstellen kann. Wir müssen aber akzeptieren, dass diese Variante an inhaltlichen Unterschieden sowie an fehlendem Vertrauen gescheitert ist.

Das Grundgesetz macht deutlich, dass wir dadurch nicht von der Pflicht entbunden sind, Lösungen für die großen Themen zu finden, die unsere Gesellschaft bewegen. Wir müssen die möglichen Varianten nun offen und ernsthaft diskutieren. Dabei wird oft vom Wählerauftrag gesprochen. Wir glauben, dass gerade die Parteien, die schon einmal im Bund regiert haben, von ihren jeweiligen Wählern den Auftrag zur Regierungsbildung bekommen haben.

  1. Neuwahlen

Neuwahlen nach der Auflösung des Bundestages gem. Artikel 63 Absatz 4 unseres Grundgesetzes sind das letzte Mittel, von dem der Bundespräsident Gebrauch machen kann. Erst, wenn zwei Wahlgänge zum Bundeskanzler gescheitert sind und in einem dritten ein Kandidat nur die relative Stimmenmehrheit auf sich vereint, steht es in seinem Ermessen den Bundestag aufzulösen. Auch wenn es für alle Parteien ein gewisses Eingeständnis des Scheiterns wäre, fürchten wir keine Neuwahlen, denn die Union hat sich in den letzten Wochen geschlossen und konstruktiv gezeigt. Allerdings verbieten sich taktische Erwägungen aus Respekt vor den Wählerinnen und Wählern. Das Volk hat der Politik eine Aufgabe gestellt – diese Aufgabe kann man nicht unerledigt zurückgeben.

  1. Minderheitsregierung

Im Raum steht immer wieder eine Minderheitsregierung unter Führung der Union mit oder ohne Koalitionspartner. Deutschland ist aber schwerlich mit den Ländern vergleichbar, in denen diese Konstellation Tradition hat. Oftmals tolerieren sich dort Parteien aus dem gleichen Lager, außerdem handelt es sich um Länder mit weniger komplexen föderalen Strukturen. Die Opposition würde die Regierung wie an einem Ring durch die politische Manege ziehen. Jede Zustimmung müsste teuer erkauft werden. Gerade in Zeiten, in denen Frankreich Reformprozesse in der EU angestoßen hat, muss unser Land handlungsfähiger Taktgeber sein. Über die Lage bei unvorhersehbaren Situationen, wie während der Wirtschafts- und Währungskrise, ganz zu schweigen. So würde eine Situation entstehen, in der wir nicht nur innenpolitisch gelähmt, sondern auch in der Handlungsfähigkeit gegenüber anderen Staaten eingeschränkt wären. Überschattet würde das politische Geschehen davon, dass jede Partei ständig nach Exit-Strategien sucht, um Wahlen zu einem für sie günstigen Zeitpunkt zu provozieren. Zuverlässigkeit sieht anders aus.

  1. Jamaika 2.0

Je nach Sichtweise sind die Jamaika-Sondierungen zwischen CDU/CSU, FDP und Grünen aus fehlendem Vertrauen oder aus programmatischen Unterschieden gescheitert. Der Respekt vor dem Wählervotum verlangt einen neuen Vorstoß über die Möglichkeiten einer Jamaika-Koalition zu sprechen. Wir sehen aber die Schwierigkeiten aufgrund der erneuten Absagen.

  1. Große Koalition

Die drei Großen Koalitionen in der Geschichte Deutschlands haben unbestritten Gutes für unser Land bewirkt. Insofern wäre es konsequent und spräche für die Verlässlichkeit unseres politischen Systems, wenn wir diese Regierung erneut bilden. Die Kritiker eines solchen Modells warnen vor österreichischen Verhältnissen, wo beinahe jahrzehntelang die beiden großen Parteien im Verbund regierten. Letztlich muss diese Sichtweise gegen die Alternative von Neuwahlen abgewogen werden.

Inhaltlich müsste eine Neuauflage der bisherigen Regierung von Lösungen für die großen Themen Migration, Mobilität und Klimaschutz, Digitalisierung, Sozialem mit Rente und Pflege sowie der Zukunft der EU geprägt sein. Gleichzeitig müssten sich Union und SPD in einer neuen Großen Koalition auf die Zeit nach 2021 vorbereiten. Wir brauchen heute auf der einen Seite Verlässlichkeit und Stabilität im Hinblick auf die Herausforderungen in Europa und gleichzeitig auch eine Diskussion über die politische Ausrichtung und Erneuerung. Das bedeutet eine inhaltliche und personelle Profilierung der CDU, die nach außen das gesamte Spektrum unserer Partei sowie unser Zukunftspotenzial mit starken Köpfen sichtbar macht. Die SPD müsste dieses Mal die Kraft aufbringen stärker darzulegen, welche Themen sie eben gerade nicht mit der Union durchsetzen kann – damit wäre auch für Abgrenzung gesorgt, denn trotz einer konstruktiven Arbeit in der Regierung ist eine differenzierende Debatte möglich. Auch in einer Großen Koalition müssen die Partner ihren jeweiligen Markenkern erhalten und sie stehen weiter miteinander in einem Wettbewerb um die besten Konzepte

Auch die anderen Parteien könnten hinsichtlich Stabilisierung und Neuausrichtung profitieren.

Wir bitten für diesen Weg um Unterstützung!

Berlin, 23.11.2017

Karin Maag, Dr. Stephan Harbarth, Michael Hennrich, Thomas Bareiß, Marc Biadacz, Michael Donth, Marie-Luise Dött, Hermann Färber, Axel Fischer, Alois Gerig, Eberhard Gienger, Andreas Jung, Dr. Stefan Kaufmann, Prof h. c. Dr. Karl A. Lamers, Dr. Katja Leikert, Nikolas Löbel, Matern von Marschall, Dr. Joachim Pfeiffer, Lothar Riebsamen, Josef Rief, Erwin Rüddel, Felix Schreiner, Armin Schuster, Alexander Throm, Dr. Johann Wadephul, Ingo Wellenreuther