Nürtinger Zeitung

Maientag zeigte sich von der besten Seite

Maientag zeigte sich von der besten Seite

06.06.2016, VON GABY KIEDAISCH —

Tausende feierten den Nürtinger Nationalfeiertag harmonisch und entspannt – Festumzug war eine Augenweide

Auf die Unzuverlässigkeit des Wetters zum Maientag konnte man sich in den letzten Jahren garantiert verlassen. Das war an diesem Maientags-Wochenende nicht anders. Die Brotübergabe sowie der Festumzug am Samstag konnten trockenen Fußes gemeistert werden, und auch die Wettkämpfe der Schulen wurden von einem Mix aus Wolken und Sonnenschein begleitet.

NÜRTINGEN. Der befürchtete Gewitterregen fiel indes aus. Morgens hatte es zwar noch geregnet, doch zum Auftakt der traditionellen Brotübergabe vor dem Rathaus war die Sonne sogar herausgekommen. Das nahm Oberbürgermeister Otmar Heirich zum Anlass, sich beim Wettergott in aller Förmlichkeit zu bedanken.

Nachdem die Fanfarenherolde von Musikschule und Stadtkapelle die seit mittlerweile 414 Jahren bestehende Tradition des Nürtinger Nationalfeiertags musikalisch angekündigt hatten, betrat die Landjugend den Marktplatz. Max Jenz zog in seiner Maientagsrede einen Vergleich zur bevorstehenden Fußball-Europameisterschaft. „Was für den Fußball die EM ist, ist für die Stadt Nürtingen der Maientag“, sagte er. „Auch hier kommt es auf einen fairen Wettkampf, eine starke Gemeinschaft und das anschließende gemeinsame Feiern an.“ Jenz wusste dies zu schätzen, denn wie er weiter in seiner Rede erinnerte, „gibt es viele Menschen auf der Welt, denen wegen Krieg und politischen Unruhen nicht zum Feiern zumute ist“. Auch jene nicht, die aktuell gegen das Hochwasser in Deutschland kämpfen, schlug er den Bogen zur Landwirtschaft, deren „tägliches Brot“ das Wetter ist. Jenz befürchtet, dass wir uns angesichts der Wetterextreme der letzten Jahre zunehmend darauf einstellen müssten.

Nicht genug – die Landwirte müssen gegen weitere Extreme kämpfen, nämlich beim Vermarkten ihrer Erzeugnisse. Obwohl Lebensmittel wie Milch, Fleisch und Getreide noch nie so sicher wie heute seien, betonte Jenz, gehe es beim Preis aktuell nur nach unten. 20 Cent für einen Liter Milch – „das können wir nicht lange durchhalten“, machte er stellvertretend für die Landwirte deutlich. Und noch etwas: mit jedem Hofsterben geht auch die Nähe, wie Lebensmittel produziert werden, für den Verbraucher verloren. Schon heute kommen auf einen Landwirt im Landkreis Esslingen über 500 Verbraucher.

Trotz aller Schwierigkeiten bleibe der Landwirt ein toller Beruf, schwärmte Jenz zum Schluss, und verband damit die Hoffnung, dass dem Verbraucher „die Erkenntnis des wahren Werts der Milch wieder ins Bewusstsein rückt“. In diesem Sinne übergab er mit Katrin Krapf im Korb Brot und Wein an den Oberbürgermeister und verband damit den Wunsch, „dass die Stadt und ihre Bürger vor Katastrophen bewahrt werden, Frieden herrscht und dass immer ausreichend Essen und Trinken in der Stadt ist“. Dieser bedankte sich seinerseits mit einem Scheck an die Landjugend und mit Badetüchern für die anschließenden „schweißtreibenden Tänze“, gab Heirich mit auf den Weg.

Mit seinem Grußwort griff Oberbürgermeister Otmar Heirich die Wünsche der Landjugend auf und wünschte, dass sie stets in Erfüllung gingen, denn Frieden, eine funktionierende Gemeinschaft und verschont zu bleiben von Krieg und Hochwasser – das sei nicht selbstverständlich. Sein Appell richtete sich an die Verbraucher, die sich wieder mehr auf regionale Produkte besinnen sollten. „Lebensmittel aus Südamerika oder Neuseeland brauchen wir nicht.“

Nach der Begrüßung der Bürger, der Gäste aus den Partnerschaftsstädten Oullins und Zerbst sowie der beiden Bundestagsabgeordneten Michael Hennrich und Matthias Gastel und nach dem Bändertanz der Landjugend, begleitet von der Nürtinger Stadtkapelle und dirigiert von Herward Heidinger, nahte der Festumzug, der am Schillerplatz gestartet war. OB, Gemeinderäte, Verwaltungsmitarbeiter und Ehrengäste schlossen sich dem Festzug an, der wieder gesäumt war von vielen Tausend Menschen aus nah und fern.

Der Festumzug zeichnete sich durch Kreativität und Vielfältigkeit aus

Überraschend war für manchen, der das erste Mal beim Maientag war (das soll’s tatsächlich geben), wie bunt, vielfältig und ideenreich die Schulen ihre Themen auf die Straße brachten. Angeführt vom Maientags-Jugendspielmannszug und der Nürtinger Landjugend mit dem Bänderbaum hatten sich die Schulen bei der Umsetzung ihrer Themen wieder viel Mühe gemacht: herausgekommen war ein schillerndes Potpourri vieler kreativer Ideen. Schön zu sehen war auch, mit welcher Begeisterung die Schüler und Schülerinnen im Festumzug sich präsentierten. Dabei konnte man sehen, dass es etwas Besonderes ist, beim Maientagsumzug als Akteur mit dabei sein zu dürfen. Da jedes Kind in Nürtingen daran teilnimmt, ist es über Generationen hinweg identifikationsstiftend. Und auch für die Integration von Migranten ein wunderbares Fest, sich dazugehörig zu fühlen. Kein Wunder, dass jedes Jahr der Maientag für Klassen- und Jahrgangstreffen gleich welchen Alters genutzt wird.

Mit dem Festwagen dabei war die Friedrich-Glück-Schule. Unter dem Motto „Hardt früher und heute“ erinnerte sie an das 650-jährige Bestehen des Teilorts. Mit dabei der „Pfeifer von Hardt“, die Buskinder mit Schulbus und die Kunstsammlung Domnick. Die Schüler der Rudolf-Steiner-Schule zelebrierten das 40-jährige Bestehen und traten als Handwerker und Zunftmeister auf. Venezianisch und mittelalterlich gaben sich die Schauspieler des Naturtheaters Grötzingen, die ihre neuen Stücke „Herr der Diebe“ und „Die Päpstin“ vorstellten. Mit dem Statement „Wir sind Kulturschule“ trat die Bodelschwinghschule Nürtingen selbstbewusst auf und machte dazu den passenden Rhythmus. Die Ersbergschule gab sich tierisch mit Papageien, Füchsen, Affen und Marienkäfern, gefolgt von der Braikeschule, die alle Spektralfarben eines Regenbogens auf die Straße brachte. Mit einem bunten Gezwitscher trat die Theodor-Eisenlohr-Schule auf. „Musik und Kunst verbindet“ dachte sich die Mörikeschule mit „We are a world“, „Peter und der Wolf“, „In Paule Puhmanns Paddelboot“, „Ich bin anders als Du“, „Malerisches Nürtingen“ und den „Stars von morgen“. Nach dem türkischen Unterricht mit Schülern und Lehrern zeigte die Roßdorfschule, wofür man alles den richtigen Durchblick benötigt: Forscher, Astronauten, Vogelkundler, beim Lesen und Schreiben. Gefolgt von der Anna-Haag-Schule, die mit einer Blumenwiese voller Margeriten mit Bienchen, Marienkäfern und Maikäfern die Straße erblühen ließ. Mit von der Partie die Griechische Schule und die Geschwister-Scholl-Realschule, die mit Ozeanen und Meeren an das diesjährige Wissenschaftsjahr erinnerten und dazu den Klimawandel, die Gefährdung von Korallenriffen, aber auch den Urlaub am Meer thematisierten. Kontrastreich präsentierte sich das Peter-Härtling-Gymnasium und das Hölderlin-Gymnasium warb mit den einzelnen Ländern für ein geeintes vielfältiges Europa. Den Abschluss des Umzugs zierte die Feuerwehrhistorik Nürtingen.

Musikalisch umrahmt wurde der Zug von der Stadtkapelle Nürtingen, von der Trachtenkapelle Reudern, dem Spielmannszug der Freiwilligen Feuerwehr, dem Musikverein Oberboihingen, der Musikschule Heilemann mit der Band „Die Außergewöhnlichen“, dem Musikverein Frickenhausen, dem Musikverein Neckarhausen, dem Musikverein Großbettlingen und den „Original Raidwanger Dorfmusikanten“.